1968

Eine Besetzung der Kammerspiele, von und mit: Collective Catastrophe, Gintersdorfer/Klaßen, Henrike Iglesias, Elfriede Jelinek, Anna-Sophie-Mahler, Raumlaborberlin, Alberto Villareal, Ensemble der Münchner Kammerspiele

Frantz Fanon analysiert in seinem Buch "Die Verdammten dieser Erde" nicht nur die politischen Verhältnisse, die bei den jungen afrikanischen Unabhängigkeiten zu mit den ehemaligen Kolonisatoren kollaborierenden Eliten und einer kleinen, sich gierig bereichernden Bourgoisie führten. Sein Buch endet mit einer Klassifizierung der psychischen Krankheiten, die der algerische Befreiungskrieg auf Seiten der Algerier wie der Franzosen zur Folge hatte.

Für Fanon ist die Psychoanalyse aber kein Mittel, um ein Individuum in eine kranke Gesellschaft zu integrieren und es so zu "heilen", eher ein Messinstrument, aus dessen Ergebnissen sich politische Forderungen zur Abschaffung von Unrechtsverhältnissen ableiten lassen.

Fanon in der Zusammenschau von Politik und Psychoanalyse folgend, versuchen wir eine Gestalttherapie an den großen Politpsychosen der Gegenwart: Wieso versuchen afrikanische Präsidenten wie Alassane Outtara bis heute genau das, was Afrika nach Fanon um jeden Preis nicht tun sollte, nämlich Europa zu imitieren?

Und wie können die westlichen Gesellschaften in ihrem infantilen Narzissmus bis heute die Analysen von Fanon ignorieren, der einem Europa, das zu Kolonialismus fähig war, einen totalen moralischen Bankrott bescheinigte?
Hauke Heumann