Wahlen und Besessenheit

Am 30. Oktober sollten in der Elfenbeinküste nach drei Jahren Bürgerkrieg wieder Wahlen stattfinden. Die Gruppe Rekolonisation, Jochen Dehn, Monika Gintersdorfer und Knut Klaßen, war im Oktober vor Ort, um herauszufinden, wie sich die Bewohner der Elfenbeinküste, die Ivorer, Gesellschaft vorstellen. Für die Ivorer kam es anders: keine Präsidentschaftswahl, die Situation bleibt weiterhin instabil, ein Mikado.

„In Abidjan haben wir unsere Vorstellungen getestet über ein schwach abgefedertes Leben und informelle Strukturen in einem Gewimmel, das wir nicht einschätzen können(…)In der Elfenbeinküste gibt es Marabus, afrikanische, islamische Gelehrte, die Dinge voraussehen und vorausbestimmen können. Ein Marabu löst Business- und Liebesprobleme, er lenkt den Ausgang eines Fußballspiels oder eines juristischen Verfahrens für Geldspenden und Tieropfer. Erzähl es dem Busch, dem Stein. Der nimmt deine kranken Teile und du bist sie los. Besessenheit ist Vertretung. Welche Heilsvorstellungen sind das, für die man die eigenen Interessen an andere abgibt?

Kann mich ein Marabu besser vertreten als ein Präsident?

Zurück in Deutschland importieren Dehn, Gintersdorfer und Klaßen die Bilder aus der „wilden Welt“ und setzen sie in einen Zusammenhang ohne extreme Existenznot. Am 5. November beginnt das seit 2003 bestehende Rekolonisation, ein wechselndes Team von Interventions-/Performance- und Videokünstlern, im Prater ihre Auseinandersetzung mit Praktiken im Stadtraum, die in Berlin erst noch zu finden sind. Nach der einmaligen Theateraktion folgen im März eine Inszenierung und ein Themenabend. Jochen Dehn, Monika Gintersdorfer und Knut Klaßen haben in den letzten vier Jahren an den kleineren Spielstätten der großen deutschsprachigen Theater inszeniert.